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Bildungsworkshop: Six days for Future

Gastronomie ist einer der Bereiche, die am stärksten von den Maßnahmen gegen Corona betroffen war. Noch im Mai hatten 58 Prozent der Betriebe in der Gastronomie beschlossen, Angestellte zu entlassen und Arbeitszeiten zu verkürzen. Und auch mit den zunehmenden Lockerungen werden ausgebliebene Einnahmen der letzten Monate kaum wieder aufzuholen sein. Die momentane Unsicherheit der Branche zeigt sich auch in der Problematik, vor der viele Auszubildende jetzt stehen. Da viele Betriebe nicht wissen, wie es weitergehen soll, steht auch die Zukunft der Auszubildenen in Frage. Dass Gastronomie so anfällig für die Verwerfungen ist, die Covid 19 ausgelöst hat, hat auch damit zu tun, wie in der Branche gearbeitet wird. Nämlich aufgrund der geringen Gewinnspannen oft auf Kosten von Mitarbeiter:innen und Umwelt.

Tonnja ist einsatzbereit / Foto von Maria Funke
Bildungsmaterialien zum Stöbern / Foto von Maria Funke

Gastronomie NEU denken

Bereits Anfang des Jahres hatte das Umweltzentrum Dresden mit uns Kontakt aufgenommen. Sie planten für den Sommer 2020 einen Reihe von Workshops, die Jugendlichen bestimmte Berufsfelder näher bringen sollten – unter anderem auch die Gastronomie. Unter dem Motto „Streuobst, Knödel, Vollpension“ sollten die Teilnehmer:innen sechs Tage gemeinsam in der Sächsischen Schweiz unterwegs sein, um lokale Erzeuger zu besuchen, gemeinsam zu kochen und sich auszuprobieren. Alles, um ein ganzheitliches und nachhaltiges Konzept von Gastronomie kennen zu lernen. Der ursprüngliche Plan konnte durch die Corona-Hygiene-Regeln zwar nicht wie gedacht umgesetzt werden – trotzdem fanden einzelne Workshops statt – nun allerdings auf dem Alten Matthäusfriedhof Dresden, der fast märchenhaften Außenstelle des Umweltzzentrums Dresden. So konnte „Zur Tonne“ schließlich doch einen Tag der Workshopwoche mit den Teilnehmer:innen verbringen.

Zusammen verstehen wir die Wertschöpfungskette / Foto von Maria Funke
Wie packe ich meinen Kühlschrank? / Foto von Maria Funke

Was ist eigentlich Verschwendung?

Den Tag haben wir mit einer ganz besonderen Kennenlernrunde begonnen, in der Jede:r etwas in der Umgebung sammeln sollte, das er oder sie mit Essen verbindet. Danach sind wir direkt in die Theorie gestartet und sind der weltweiten Verschwendung von Lebensmitteln entlang der Wertschöpfungskette nachgegangen. Die Teilnehmenden, die alle zwischen 16 und 24 Jahren alt waren, stellten Überlegungen an, wo in der Kette die meisten Lebensmittel verloren gehen und waren dann sehr überrascht zu hören, dass die Privathaushalte hier den größten Anteil haben. Von den schieren Zahlen der Ausmaße der Verschwendung ein wenig überwältigt, sind wir dann ins Handeln gekommen. Gemeinsam haben wir überlegt, was wir aktiv gegen Verschwendung tun können – vor allem zu Hause. Neben dem richtigen Einräumen des Kühlschranks und dem planvollen Einkauf steht hier vor allem das Verkochen von Resten.

gemeinsames Schnippeln / Foto von Maria Funke
Brotbratlinge… / Foto von Maria Funke

Ein Burger zum Selberbauen

Von der Tafel hatten wir drei große Kisten mit Lebensmitteln mitgebracht – wie immer war sehr viel Brot übrig. So dass wir beschlossen, aus Brot und Gemüseresten „Brotletten“ herzustellen – eine Art Bulette aus altem Brot, die auch gut als Burgerbun verwendet werden kann. Um den Hygieneauflagen gerecht zu werden, teilten wir die Teilnehmenden in drei Gruppen, in denen jeweils geschnippelt, geschält und gebraten wurde. Während die eine Gruppe die Brotletten herstellte, kreiierte eine andere Pesto aus Möhrengrün sowie vegane Mayo. Ein Salat rundete das Menü ab. Mittlerweile waren alle so motiviert wie hungrig – und im Handumdrehen waren alle Lebensmittel verarbeitet. Jede:r konnte sich einen eigenen Burger individuell zusammenstellen. Beim gemeinsamen Essen tauschten wir weitere Rezepte und Ideen aus. Wir freuen uns auf eine weitere Zusammenarbeit mit dem Umweltzentrum. Danke für eurer Vertrauen! Bis zum nächsten Mal!

und frische Tomaten und Gurken dazu /Foto von Maria Funke
Und fertig ist der Burger!! / Foto von Maria Funke

Zur Tonne on tour: Open Air Picknick

Für unsere erste, offizielle Veranstaltung seit Januar hatten wir etwas ganz Besonderes geplant. Auf Einladung des Essbaren Stadtteils Plauen haben wir gemeinsam mit dem Palais Cafe ein gemeinschaftliches Picknick am Hohen Stein in Dresden ausgerichtet. Dabei konnten wir uns alle im Rahmen dieses Projektes mit unseren unterschiedlichen Schwerpunkten einbringen, um ein rundum tolles Erlebnis für unsere 30 Gäste zu kreiieren.

Erste Bewährungsprobe für die mobile Küche

Unserer Picknicker im Kornfeld / Foto von Reinhard Spunkner,

Dresden Plauen liegt am Rande des Plauenschen Grundes, einer Landschaftseinheit, die dem Stadtteil auch den Namen gibt. Der Hohe Stein ist dabei eine Aussichtshöhe, mit einem unverstellten Blick über die Stadt. Direkt von der belebten Chemnitzer Straße sind wir mit Tonnja, der mobilen Küche, in der schönsten Natur gelandet. Hier sollte am 20. Juni unser Picknick stattfinden. Recht früh waren wir vor Ort, um in Ruhe auszubauen. Noch sind alle Handgriffe neu und wir brauchen erst einmal Routine im Aufbau der Küche. Wir wussten nur, dass wir aus alten Brötchen „Brotletten“ formen wollten – alles andere haben wir auf uns zukommen lassen.

Veranstaltung mit Hygieneauflagen

Bevor wir unsere Gäste am Hohen Stein begrüßen konnten, mussten wir aufgrund der aktuellen Corona Lage ein gültiges Hygienekonzept vorlegen. Unsere letzendliche Lösung, die Teilnehmenden in kleinen Gruppen in extra für das Picknick frei „geschnittenen“ Plätzen im Feld zu verteilen, ging eigentlich auf die Auflagen zurück – sah aber am Ende sehr eindrucksvoll aus. Ungefähr 30 Menschen hatten sich angemeldet, um mitzumachen und zu essen. Gemeinsam haben wir ein 3-Gänge-Menü erarbeitet, in dem alle Facetten unserer Projekte zusammenkommen sollten.

Von Allem ein bisschen

So gab es eine Vorspeise aus gesammelten Wildkräutern, dazu Brot und Pesto von Wald und Wiese. Zur Hauptspeise haben wir einen grünen Kartoffelsalat gemacht und unsere Brotletten – an Buletten angelehnte, aus altem Brot und Gemüse gemachte Bratlinge. Super einfach und super lecker und vor allem wahnsinnig vielseitig in der Herstellung. Ein geschmackliches Highlight waren Gelees aus Rosen und Felsenbirne zum Dessert, wo wir noch vegane Pancakes gebraten haben. Zwar fehlte der direkte Austausch unserer Teilnehmer – was allerdings bei einer kleinen Kräuterwanderung nicht mehr so schlimm war.

Hauptspeise: Brotletten an Kartoffelsalat / Foto von Reinhard Spunkner,
Draussen isst es sich am Besten / Foto von Reinhard Spunkner,

Wir wollen mehr

Das gemeinsame Arbeiten hat uns wahnsinnig Spaß gemacht. Und wir haben gemerkt, wie sehr es uns gefehlt hat, wieder für andere zu kochen. Auch wir konnten seit Ende Januar kaum noch arbeiten. Umso mehr wollen wir raus. Auf die Plätze unserer Stadt, um gerettete Lebensmittel und tolle Geschmackserlebnisse unter die Menschen zu bringen. Dabei hoffen wir auf ein Wiedersehen mit unseren Mitstreiterinnen vom Palais Cafe und Essbarer Stadtteil Plauen – schon allein, weil soviel mehr Gutes entsteht, wenn wir unsere Kräfte bündeln. Und natürlich hoffen wir, auch EUCH bald wieder zu sehen! Irgendwo in der Stadt.

Limonadekonzentrat aus Gundermann vom Palais Cafe /  Foto von Reinhard Spunkner,

In geheimer Mission: Videodreh im Deutschen Hygienemuseum

Am 10. Juni waren wir im Deutschen Hygienemuseum unterwegs, um ein Video im Rahmen der aktuellen „Future Food“-Ausstellung zu drehen. Bereits Anfang Mai hatte uns Maria Matthes vom Hygienemuseum für eine Kooperation angefragt. Sie plante mit uns eine Mischung aus Workshop und Kochshow, in dem wir Rezepte für die Verwertung von Resten vorstellen und auch kochen sollten. Eigentlich unsere Leidenschaft – und trotzdem waren wir ziemlich aufgeregt. Denn vor einer Kamera standen wir noch nie.

Umgeben von drei Kameras

Unsere eigene „Kochshow“

Der Drehtag sollte schließlich knapp drei Stunden dauern. Während zwei Mitarbeiter des Medienkulturzentrum Kameras und Mikrofone aufbauten, gingen wir noch einmal alle Handgriffe im Kopf durch. Drehort war die bestens ausgestatte, brandneue Museumsküche, die wir frei nutzen konnten. Nachdem die Technik eingerichtet war, konnte es losgehen. In einem einzigen Take haben wir die Zubereitung eines Drei-Gänge-Menüs aus geretteten Lebensmitteln gedreht. Jeweils sieben Minuten waren pro Gang geplant – da wir allerdings soviel zu erzählen hatten, wussten wir bereits: Da muss der Schnitt ran.

Mit Maria Matthes vom Deutschen Hygienemuseum

Auch wir arbeiten an digitalen Konzepten

Das bestätigte uns nach dem Dreh auch Maria Matthes. Sie freute sich über unser Kommen. Noch vor der Coronakrise hatte das Museum ein umfassendes Begleitprogramm für die „Future Foods“ Ausstellung zusammengestellt – welches allerdings vollständig abgesagt werden musste. Nun versucht sie, digitale Angebote für das Haus zu entwickeln. Damit traf sie bei uns auf offene Ohren. Denn auch wir überlegen seit März, wie wir eigentlich weiterarbeiten können und wollen. Unser Ziel, Menschen zu erreichen und gemeinsam zu essen und zu kochen, ist derzeit nicht möglich. Daher arbeiten auch wir gerade an der Bereitstellung digitaler Inhalte. Wir danken dem Deutschen Hygienemuseum für das Vertrauen in uns und unser Projekt. Sobald die Videos geschnitten sind, lüften wir das Geheimnis, was da eigentlich gekocht wurde. Und wichtiger noch: Wie ihr diese Leckereien nachmachen könnt.