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Pandemie

Heute schon Schwein gehabt? Viel wurde in einem Jahr Pandemie erzählt. Und noch mehr geschrieben. Manches neue Wort haben wir gelernt. Herdenimmunität zum Beispiel. Oder Reproduktionsfaktor. Plötzlich sind wir alle Virologen und manche von uns überzeugt, dass mehr hinter all dem stecken muss. Was wir dabei aus den Augen verlieren, ist das eigentlich Offensichtliche: Dass diese Situation nicht aus dem Nichts kommt – sondern damit zu tun hat, wie wir mit unserer Umwelt umgehen.

Schweine haben eine ganze Menge mit der Pandemie zu tun / Bild von Maria Funke

Pandemie durch die Zerstörung von Lebensraum

Während unsere Welt auf Pause gestellt ist, schreitet die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen stetig voran. Und das hat auch mit der Fleischindustrie zu tun. 60 kg Fleisch isst jeder Deutsche im Jahr, durchschnittlich. Das sind 200 Millionen Nutztiere, die 2019 in deutschen Ställen lebten. Für sie wird auf der Hälfte der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland Tierfutter angebaut. Da Gras, Getreide und Mais aber nur einen Teil des Futterbedarfs decken, müssen eiweißreiche Futtermittel importiert werden. So wie Soja. Weiterhin werden vor allem in Südamerika Regenwälder gerodet, um Platz für den Anbau von Soja zu schaffen.

Die „Fläche“, die allein Deutschland in Brasilien für seinen Sojakonsum belegt, ist mittlerweile so groß wie Schleswig-Holstein. Und weiterhin dringen Menschen in die Lebensräume wilder Tiere vor. Sie jagen, roden, beuten Ressourcen aus. Dadurch kommen sie und ihre Nutztiere in Kontakt mit Krankheitserregern, die ihre ursprünglichen Gebiete vorher nie verlassen hatten. Die Zerstörung der Ökosysteme erhöht auch das Ansteckungsrisiko mit diesen neuartigen Erregern. Leidtragende sind die Arbeiter vor Ort, die auf die Arbeit angewiesen sind und sich oftmals nicht schützen können. Auch wenn Wildtiermärkte in China mittlerweile verboten sind, sind diese Märkte nicht die einzigen Orte, an denen Tiere zusammengepfercht in engen Boxen vor sich hinvegetierten.

Wir brauchen eine Änderung unserer Gewohnheiten

Denn weiterhin sind die Zustände in der industriellen Massentierhaltung ein idealer Nährboden für Mutationen, antibiotikaresistente Keime und sogenannte „Zoonosen“ – Krankheiten, die von Tieren auf Menschen überspringen können. Ob durch die Nähe zum Tier oder den Verzehr von tierischen Produkten. Es ist kein Zufall, dass 75 Prozent der neu aufgetretenen Kranheitserreger der letzten Jahre Zoonosen waren. Weltweit werden 70 Milliarden Tiere jedes Jahr geschlachtet. Die Mehrheit lebt in engen, verdreckten Ställen. Gleichzeitig haben immer mehr Menschen weltweit Lust auf Fleisch. In kürzester Zeit müssen immer mehr Tiere schlachtreif gemästet werden. Ebola, Vogelgrippe, SARS sind alle vielleicht nur ein Vorgeschmack darauf, was uns in Zukunft durch die zunehmende, industrielle Tierhaltung erwartet. Nämlich weitere Pandemien. Wer jetzt glaubt, dass das Ganze nichts mit uns zu tun hat, irrt.

Die 200 Millionen Nutztiere in Deutschland lebten zum Großteil in industrieller Haltung – welche auch hier die Umwelt verschmutzt, die Tiere ausbeutet und unsere Gesundheit gefährdet. So weist Deutschland mittlerweile die zweitgrößte Nitratbelastung in der EU auf. Anstatt auf chinesische Wildtiermärkte oder Fledermäuse in Südostasien mit dem Finger zu zeigen, sollten wir stattdessen unsere eigenen Gewohnheiten wirklich ändern. Unseren Konsum. Und so vielleicht ab und zu weniger Schwein haben.