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Spekulation

In einer begrenzten Welt kann es kein unbegrenztes Wachstum geben. Da schnell erkaufter, wirtschaftlicher Erfolg immer einen Preis hat – der meistens unmittelbar mit der Ausbeutung von Menschen oder Umwelt verbunden ist. Denn der Drang nach Wachstum führt dazu, dass immer neue Märkte erschlossen werden müssen. Und dass Dinge, die vorher nicht Teil des Finanzmarktes waren, zu Gütern werden, mit denen gehandelt wird. Diese Ausdehnung des Marktes können wir uns durchaus bildlich vorstellen. So verlieren wir jede Minute eine Fläche Regenwald, die der Größe von 30 Fußballfeldern entspricht. Diese Flächen werden zu 80% für den Anbau von eiweißreichem Viehfutter gerodet. Und immer öfter muss nicht nur der Wald weichen, sondern werden auch die Lebensmittel selbst zum Spekulationsobjekt.

Wetter auf Lebensmittelpreise – das Bild stammt ist vom Oxfam Bericht zur Nahrungsmittelspekulation

Mit Hunger Geld verdienen

Doch was heißt das eigentlich, Spekulation? An der Börse wird klassischerweise auf Aktien spekuliert. Das heißt nichts anderes, als auf deren Wert gewettet. Und mit der Nachfrage steigen die Preise. Neu ist nun, dass seit einigen Jahren Agrarrohstoffe zunehmend Spekulationsobjekt sind. Das heißt, dass nun auch Reis, Mais oder Weizen den Wetten gewinnorientierter Händler ausgesetzt sind. Neben der Tatsache, dass Nahrungsmittel sichere Anlagen sind, da mehr Menschen mehr essen müssen, treiben auch Biokraftstoffe die Preise hoch. Denn auf immer mehr Flächen weltweit werden Mais, Raps oder Soja nicht zum Verzehr, sondern zur Energie- oder Kraftstoffgewinnung angebaut. Die entsprechenden Lebensmittel fehlen dann auf den Weltagrarmärkten, was die Preise nur noch weiter hochtreibt. Die Anleger, die ihr Geld in Rohstoffe investiert haben, machen bei steigenden Preisen hohe Gewinne. Verlierer sind vor allem Menschen im globalen Süden, die sich Nahrung dann nicht mehr leisten können.

So verschärft die Spekulation auf Lebensmittel die weltweite Ernährungskrise noch. Beispielsweise trieben laut Oxfam Finanzspekulanten in den Jahren 2007/2008 die weltweiten Getreidepreise in die Höhe. In Äthiopien stiegen so die Maispreise um 100 Prozent, die Weizenpreise in Somalia um 300 Prozent. Diese rasant steigenden Preise für Lebensmittel führten zu Hungerprotesten in 61 Ländern und destabilisierten ganze Regionen. Gleichzeitig wachsen europäische Lebensmittelexporte vor allem im globalen Süden. Die EU subventioerniert diese Exporte mit viel Geld. Doch was für europäische Bauern ein zusätzliches Einkommen bedeutet, hat für die Kleinbauern in den Entwicklungsländern fatale Folgen. Denn hoch subventionierte Produkte wie etwa billiges Schweinefleisch machen den afrikanischen Bauern die Preise kaputt. Das hat zur Folge, dass sich für sie mit der Landwirtschaft kein Geld mehr verdienen lässt.

Entwicklung dr Nahrungsmittelpreise von 1990 bis 2013

Regulierung als Mittel gegen Spekulation

Seit 2014 gibt es mittlerweile zwar EU-weite Richtlinien zur Spekulation mit Lebensmitteln, deren Umsetzung lässt allerdings bisher auf sich warten. Ein wichtiges Instrument hier wäre, mehr Transparenz auf den Finanzmärkten zu schaffen und diese Geschäfte so zu regulieren. Zusätzlich könnten Höchstmengen, mit denen gehandelt werden darf, benannt werden. Auch ist die Einführung einer entsprechenden Steuer vorstellbar. Nur an der Umsetzung scheitert es bisher. Wichtig ist, dass Hunger ein Problem bleibt, das viele Ursachen hat und nicht allein auf Nahrungsmittelspekulation beruht. Hier sind die steigenden Preise auf Rohstoffe nur ein Aspekt neben dem Zugang zu Ressourcen, unfairem Welthandel und der Benachteiligung von kleinbäuerlichen Strukturen. Nichtsdestostrotz ist die Begrenzung von Spekulation mit Nahrungsmitteln eine wichtige Maßnahme von vielen, die notwendig sind, um eine faire, gerechte Welt zu gestalten.