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Zur Tonne trifft ARK Dresden – 09.-12.07.2021

Sieben europäische Produktionshäuser, Festivals und öffentliche Einrichtungen in Athen, Dresden, Mülheim an der Ruhr, Porto, Straßburg, Utrecht und Warschau haben vor zwei Jahren gemeinsam das Projekt „Moving Borders“ gestartet: Jeder Partner entwickelte in seiner Stadt eine Version des künstlerischen Konzeptes „ARK” des britischen Kollektivs Quarantine – angepasst an die lokalen Begebenheiten und gemeinsam mit den Menschen vor Ort. Mit „ARK Dresden – Arche für unterschätztes Wissen” entsteht am Elbufer und auf der Personenfähre „Johanna” ein Ort für Begegnungen, Austausch und interessante Erkenntnisse. Dresdner Bürger:innen und lokale Künstler:innen teilen, präsentieren und retten individuelles Wissen, Kenntnisse und Erfahrungen, die im Laufe der Zeit und aufgrund gesellschaftlicher Veränderung nicht verloren gehen sollen.

Mit „Zur Tonne“ sind wir Freitag und Montag auf der Arche des unterschätzten Wissens dabei. Während wir zum Wochenausklang nur für das leibliche Wohle der Künstler:innen sorgen, werden wir am Montag ebenfalls zu Vermittlerinnen zu bewahrenden Wissens. Denn gemeinsam mit „Tonnja“ werden wir gerettete Lebensmittel verarbeiten. Dabei unterstützen uns die Besucher:innen des Montagscafes, das an diesem Montag im Rahmen von ARK Dresden an der Elbe stattfinden wird. Neben dem gemeinsamen Zubereiten und Essen gibt es Musik, Kunst und die Möglichkeit für jede Menge Austausch.

Das ganze Programm findet ihr hier. Am Montag, den 12. Juli, könnt ihr ab 17 Uhr mit uns schnippeln, quatschen und essen. Kommt vorbei, wir freuen uns.

Auf Achse: Tour der Utopien 03/07/2021

Aus der Not eine tolle Idee entstehen lassen. Das Team des Umundu Festivals weiß jedenfalls genau, wie das geht. Denn bereits letztes Jahr wurde aus dem jährlichen Markt der Möglichkeiten die Tour der Utopien. Statt über das Gelände des Riesa Efau zu spazieren und die zahlreichen Initiativen und Menschen kennenzulernen, die sich für eine nachhaltige Zukunft einsetzen, schwangen sich die Besuchenden aufs Rad. Und konnten in kleinen wie großen Touren Orte gelebter Utopien in Dresden ansteuern.

Auch wir sind wieder dabei

Auch wir waren mit „Tonnja“ dabei und haben kleine Snacks aus geretteten Lebensmitteln zubereitet. Obwohl stetig sinkende Inzidenzzahlen momentan wieder einiges möglich machen, bleibt es auch dieses Jahr bei der Fahrradtour. Auch weil nicht wenige am gemeinschaftlichen Fahren und Erleben unterschiedlicher Ort der Stadt Gefallen gefunden haben. Wenn das Wetter noch mitspielt, steht einem tollen, utopischen Tag nichts im Weg. Anders als im letzten Jahr werden wir nicht im Hechtgrün, sondern im Zentralwerk mit Tonnja auf euch warten. Und während ihr euch an kleinen Köstlichkeiten stärkt, kommen wir vielleicht noch ins Gespräch, lassen den Tag gemeinsam ausklingen und spinnen uns ganz eigenen Utopien.

Wer Lust hat, an der Tour teilzunehmen, kann sich hier anmelden. Hier habt die Wahl zwischen einer großen und kleinen Tour. Egal wie ihr euch entscheidet, wir hoffen euch am Samstag zu sehen.

Hunger

Vielleicht kennen wir diese Zahlen: Wieviele Menschen weltweit hungern – während gleichzeitig ein Drittel aller produzierten Lebensmittel im Müll landet. Wieviele von Mangelernährung bedroht sind – während ein Viertel der jährlichen Getreideernte ans Vieh verfüttert wird. Und wieviele Menschen auch hierzulande nur ungenügend durch die Gesellschaft geschützt werden. Vielleicht wissen wir auch, dass 2019 weltweit 850 Millionen einer ungesicherten Ernährungslage ausgesetzt waren – oder hungerten. Und wir haben schonmal gehört, dass das jeden 9. Menschen betrifft oder dass jeden Tag 24000 Menschen daran sterben. Dass der Hunger nicht zurück ist, sondern seit 2015 wieder auf dem Vormarsch. Und dass Corona droht, 2021 weitere 80 Millionen Menschen in die extreme Armut zu stoßen.

Wenn der Teller leer bleibt

Was Hunger bedeutet

Vielleicht wollen wir das oft auch gar nicht so genau wissen. Vor allem, was Hunger wirklich bedeutet: Was der Duden mit einem „unangenehmen Gefühl in der Magengegend“ beschreibt, kennen wir – und auch wieder nicht. Denn Hunger ist mehr als Mangel an Nahrung. Er ist entwürdigend und die elementarste Form von Elend. In der politischen Arbeit werden drei Formen von Hunger unterschieden. Das ist erstens der akute Hunger als Unterernährung über einen absehbaren Zeitraum hinweg. Auslöser hierfür sind Dürren und Katastrophen. Meist leiden Menschen, die von akutem Hunger betroffen sind, auch unter chronischem Hunger. Dieser stellt zweitens eine dauerhafte Unterernährung dar. Dabei nimmt der Körper dauerhaft zu wenig Nahrung auf. Chronischer Hunger steht in unmittelbarem Zusmmenhang mit Armut und ist global am weitesten verbreitet. Schließlich gibt es drittens noch den verborgenen Hunger. Er ist eine Form des chronischen Hungers. Aufgrund von Essensmangel und einseitiger Ernährung fehlen den Menschen wichtige Nährstoffe. Weniger sichtbar als akuter Hunger führt Nährstoffmangel langfristig zu schweren Krankheiten. 2 Milliarden Menschen leiden weltweit an verborgenem Hunger – auch in den vermeintlich reichen Industrieländern.

Hunger als Verteilungsproblem

Was uns eigentlich wütend machen sollte, scheint irgendwie „normal“. Weil wir das Wort so häufig hören, dass es an Eindringlichkeit verloren hat, schauen wir oft weg. Vielleicht, weil wir glauben, das hätte nichts mit uns zu tun. Tatsächlich gibt es nicht zu wenig Lebensmittel, diese sind nur ungerecht verteilt. Und während Millionen hungern, werden hier „überschüssige“ Lebensmittel vernichtet. Klimawandel, Konflikte um Land, Ausbeutung, Viehhaltung und Spekulation sind zusätzliche Ursachen für Knappheit von Nahrung in bestimmten Regionen der Welt – die schutzlos und strukturell abhängig vom globalen Norden sind. Also doch von uns.

Die Gründe für Hunger sind vielfältig

Vielleicht glauben wir ja, Hunger wäre nicht unser Problem. Und ja, in Europa hungern vergleichsweise wenige Menschen. Trotzdem gab es bereits vor der Pandemie bundesweit 700000 Wohnungs- und Obdachlose. 13,4 Millionen Menschen in Deutschland sind armutsgefährdet, weil sie weniger als 60 % des mittleren Einkommens zu Verfügung haben. 1,6 Millionen Menschen finden Unterstützung bei den Ausgaben des Tafel Deutschland e.V. – davon ein Großteil Senioren. Auch damit sie nicht hungern müssen. Am Ende ist es egal, ob wir die Zahlen kennen: DasThema muss trotzdem zurück auf die Agenda. Die Coronakrise zeigt uns klar die Versäumnisse und Verwerfungen einer zunehmend ungleichen Gegenwart auf, in der Menschen ausbeutbare Ressourcen sind, für die keine Verantwortung übernommen wird. Sie zeigt uns die Grenzen unserer Art zu leben und zu wirtschaften auf. Und dass es unbestreitbare und angemessene Absicherungen braucht, um ein Leben in Würde führen zu können. Hier und überall. Vielleicht wurde der Friedensnobelpreis 2020 auch deshalb dem Welternährungsprogramm der UNO verliehen. Damit wir wieder hinsehen.

Pandemie

Heute schon Schwein gehabt? Viel wurde in einem Jahr Pandemie erzählt. Und noch mehr geschrieben. Manches neue Wort haben wir gelernt. Herdenimmunität zum Beispiel. Oder Reproduktionsfaktor. Plötzlich sind wir alle Virologen und manche von uns überzeugt, dass mehr hinter all dem stecken muss. Was wir dabei aus den Augen verlieren, ist das eigentlich Offensichtliche: Dass diese Situation nicht aus dem Nichts kommt – sondern damit zu tun hat, wie wir mit unserer Umwelt umgehen.

Schweine haben eine ganze Menge mit der Pandemie zu tun / Bild von Maria Funke

Pandemie durch die Zerstörung von Lebensraum

Während unsere Welt auf Pause gestellt ist, schreitet die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen stetig voran. Und das hat auch mit der Fleischindustrie zu tun. 60 kg Fleisch isst jeder Deutsche im Jahr, durchschnittlich. Das sind 200 Millionen Nutztiere, die 2019 in deutschen Ställen lebten. Für sie wird auf der Hälfte der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland Tierfutter angebaut. Da Gras, Getreide und Mais aber nur einen Teil des Futterbedarfs decken, müssen eiweißreiche Futtermittel importiert werden. So wie Soja. Weiterhin werden vor allem in Südamerika Regenwälder gerodet, um Platz für den Anbau von Soja zu schaffen.

Die „Fläche“, die allein Deutschland in Brasilien für seinen Sojakonsum belegt, ist mittlerweile so groß wie Schleswig-Holstein. Und weiterhin dringen Menschen in die Lebensräume wilder Tiere vor. Sie jagen, roden, beuten Ressourcen aus. Dadurch kommen sie und ihre Nutztiere in Kontakt mit Krankheitserregern, die ihre ursprünglichen Gebiete vorher nie verlassen hatten. Die Zerstörung der Ökosysteme erhöht auch das Ansteckungsrisiko mit diesen neuartigen Erregern. Leidtragende sind die Arbeiter vor Ort, die auf die Arbeit angewiesen sind und sich oftmals nicht schützen können. Auch wenn Wildtiermärkte in China mittlerweile verboten sind, sind diese Märkte nicht die einzigen Orte, an denen Tiere zusammengepfercht in engen Boxen vor sich hinvegetierten.

Wir brauchen eine Änderung unserer Gewohnheiten

Denn weiterhin sind die Zustände in der industriellen Massentierhaltung ein idealer Nährboden für Mutationen, antibiotikaresistente Keime und sogenannte „Zoonosen“ – Krankheiten, die von Tieren auf Menschen überspringen können. Ob durch die Nähe zum Tier oder den Verzehr von tierischen Produkten. Es ist kein Zufall, dass 75 Prozent der neu aufgetretenen Kranheitserreger der letzten Jahre Zoonosen waren. Weltweit werden 70 Milliarden Tiere jedes Jahr geschlachtet. Die Mehrheit lebt in engen, verdreckten Ställen. Gleichzeitig haben immer mehr Menschen weltweit Lust auf Fleisch. In kürzester Zeit müssen immer mehr Tiere schlachtreif gemästet werden. Ebola, Vogelgrippe, SARS sind alle vielleicht nur ein Vorgeschmack darauf, was uns in Zukunft durch die zunehmende, industrielle Tierhaltung erwartet. Nämlich weitere Pandemien. Wer jetzt glaubt, dass das Ganze nichts mit uns zu tun hat, irrt.

Die 200 Millionen Nutztiere in Deutschland lebten zum Großteil in industrieller Haltung – welche auch hier die Umwelt verschmutzt, die Tiere ausbeutet und unsere Gesundheit gefährdet. So weist Deutschland mittlerweile die zweitgrößte Nitratbelastung in der EU auf. Anstatt auf chinesische Wildtiermärkte oder Fledermäuse in Südostasien mit dem Finger zu zeigen, sollten wir stattdessen unsere eigenen Gewohnheiten wirklich ändern. Unseren Konsum. Und so vielleicht ab und zu weniger Schwein haben.

Onlineformat am 09. Mai 2021 zur Lebensmittelverschwendung bei der digitalen Woche des guten Lebens

Einige haben es sicher bereits befürchtet. Wir finden es sehr schade, aber tatsächlich kann die seit Langem geplante „Woche des guten Lebens“ nicht wie vorgesehen stattfinden. Das bedauern wir nicht nur, weil wir mit unserer Küche Tonnja auch vor Ort sein wollten. Sondern auch und vor allem wegen der vielen Arbeit, Liebe und Zeit, die von allen Beteiligten in dieses Projekt gesteckt wurden. So sehr wir auf eine Neuauflage hoffen, wissen wir doch, dass es schwer sein wird, die gleichen Kräfte noch einmal zu mobilisieren. Wir stehen auf jeden Fall bereit, wenn es soweit ist. Um die WDGL jedoch nicht ganz ausfallen zu lassen, haben die Organisator:innen in Windeseile ein digitales Programm auf die Beine gestellt.

Eine ganze Woche lang stehen Fragen zu der nachhaltigen Stadt der Zukunft im Mittelpunkt. Um diese Themen drehen sich die digitalen Vorträge und Workshops vieler beteiligter Dresdner Organisationen und Initiativen. Wir von Zur Tonne sind dort auch dabei. Am Sonntag, den 09. Mai 2021, könnt ihr mit uns und Foodsharing Dresden über Lebensmittelrettung und alles, was euch um das Thema herum interessiert, sprechen. Keine Voranmeldung nötig. Schaut vorbei, lasst uns ins Gespräch kommen und austauschen. Und unsere eigene Woche des guten Lebens feiern.

Hier findet ihr alle digitalen Formate in der Übersicht.

#retteLebensmittel mit foodsharing am 2. Mai 2021

Auf den „Tag der Arbeit“ folgt am 2. Mai der internationale Tag der Lebensmittelverschwendung. Denn ähnlich wie beim Equal Pay Day werden alle bis zu diesem Tag produzierten Lebensmittel für umsonst produziert. Genauer: für die Tonne. So landen rein rechnerisch weltweit ein Drittel der Lebensmittel in der Tonne. Diese immense Verschwendung von Ressourcen ist nicht nur an sich ein Skandal. Sondern in Zeiten des Klimawandels und der Verknappung von Gütern auch ein zunehmendes, ethisches Problem.

#RetteLebensmittel: Unser gemeinsames Motto am 2.Mai

Unklare Datenlage verhindert konkrete Maßnahmen

Obwohl es seit Jahren auf der politischen Agenda steht, die Lebensmittelverschwendung in Deutschland und in der EU bis 2030 zu halbieren, gibt es bisher keine einheitlichen Daten über das „wirkliche Ausmaß“ der weggeworfenen Lebensmittel in Deutschland. Verschiedene Studien – z.B. des WWF oder des Thünen Institut (beauftragt von der Bundesregierung) – kommen für 2015 zu verschiedenen Ergebnissen: 12 bzw. 18 Millionen Tonnen. Das liegt vor allem daran, dass es keine einheitlichen Methoden zur Dokumentation der Verschwendung gibt. Dies ist aber unerlässlich, um belastbare Zahlen zu generieren, Transparenz zu schaffen und zukünftige Maßnahmen zu bewerten.

Am 11. Mär 2021 gab das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft bekannt, dass es für die Umsetzung der Nationalen Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung (2019-2023) zwölf Millionen Euro zur Verfügung stellen will. Damit sollen umfangreiche, gesamtgesellschaftliche Prozesse angestoßen und wirksame Maßnahmen – über alle fünf Sektoren der Lebensmittelversorgungskette (Produktion, Verarbeitung, Handeln, Außer-Haus-Verpflegung und Privathaushalte) hinweg – umgesetzt werden. Das klingt gut, ist aber nicht genug! Denn es bedarf regionaler Strategien für Städte und Gemeinden, eines gesetzlichen Wegwerfstopps für Supermärkte und einer Überarbeitung des Mindesthaltbarkeitsdatums sowie finanzieller Unterstützung für Vereine und Initiativen zur Durchführung von Bildungs- und Informationsarbeit.

Aktion zum Tag der Lebensmittelverschwendung

Eigentlich wollten wir von Zur Tonne mit Unterstützung mit Foodsharing Dresden die Woche des guten Lebens nutzen, um in der Neustadt mit einem mobilen Fairteiler* und Informationsmaterialien auf das Thema aufmerksam zu machen. Aufgrund der aktuellen Corona-Schutzmaßnahmen wurde die WdgL aber abgesagt. Daher planen wir nun gemeinsam für den 2. Mai 2021 mit abwaschbarer Straßenkreide und auf Transparenten die Botschaften (u.a. „Essen ist politisch“, „Wegwerfstopp für Supermärkte“, „Verwenden statt Verschwenden“) auf Gehwege und Plätze Dresdens zu schreiben oder auf Transparenten aus Fenstern von Privatwohnungen zu hängen.

Fotos der Ergebnisse werden unter dem Hashtag #retteLebensmittel in den Sozialen Medien geteilt. „Foodsharing Deutschland“ hat Lebensmittelretter*innen bundesweit zum Mitmachen aufgerufen. Schließt euch an, macht mit, und lasst uns so dafür sorgen, dass wichtige Themen trotz Corona weiterhin sichtbar und im Gespräch bleiben. Welcher Tag eignet sich dafür besser als der internationale Tag der Lebensmittelverschwendung.

*So heißen die Regale und Kühlschränke, die foodsharing aufstellt, um Lebensmittel zu verteilen.

Fleischproduktion

Nicht zuletzt durch die Coronapandemie sind die Zustände in der fleischverabeitenden Industrie im letzten Jahr stark diskutiert worden. Aber hier hört es nicht auf. Denn an der Fleischproduktion ist vieles problematisch. Von der Tierhaltung über die Verarbeitung bis hin zu den Preisen, die für Wurst und Schnitzel im Supermarkt verlangt werden. Und dann gibt es da noch die Tatsache, dass unser Fleischkonsum indirekt auch für die Coronapandemie verantwortlich ist. Aber eins nach dem anderen.

Ob Kuh, Schwein oder Schaf – alles, was auf dem Teller landet hat vorher gelebt

Anstieg trotz fleischfreier Trends

Obwohl vegetarische und vegane Ersatzprodukte in den letzten Jahren boomen, hat der weltweite Fleischkonsum in den letzten Jahren zugenommen. Mit rund 360 Millionen Tonnen im Jahr hat sich die Produktion in den letzten 20 Jahren mittlerweile verdoppelt. Immer mehr Menschen können sich Fleisch auf dem Teller leisten – und tun es auch. In Deutschland liegt der Konsum seit Jahren konstant bei rund 60 kg pro Kopf und Jahr. Zwar gibt es heute weltweit wachsende Bedenken bezüglich Tierhaltung, Gesundheit und Nachhaltigkeit in der Fleischproduktion – im Durchschnitt hält das die Menschen jedoch nicht vom Verzehr ab.

Während der Markt für Fleisch also wächst, gilt das nicht für alle Sorten gleichermaßen. Denn der Anteil von Rind und Schaf nimmt am Gesamtkonsum ab, während Schwein und Geflügel von immer mehr Menschen gegessen werden und den Markt dominieren. Das hat zur Folge, dass der Verkauf – oder Export – von Geflügel oder Schweinefleisch mittlerweile ein sicheres Geschäft ist. Auch in Deutschland, wo die Nutztierhaltung ein wichtiges Standbein der Landwirtschaft ist. EU-weit nimmt Deutschland sogar die Spitzenposition bei der Erzeugung von Schweinefleisch und diversen tierischen Produkten ein. So erzeugen wir fast 20 Prozent mehr Schweinefleisch als wir benötigen – das dann auf den Märkten im Ausland verkauft wird. Dieses Wachstum ist allerdings teuer erkauft.

Zunahme des Fleischkonsums, einsehbar beim diesjährigen Fleischatlas

Die Schattenseite der Fleischproduktion

Wie wir bereits wissen, sind Lebensmittel nie einfach nur ein Stück Brot, ein Käse oder eben eine Wurst. Sondern dahinter stehen Ressourcen, die bei der Produktion verbraucht werden. Klar konsumieren wir bestimmte Tiere, wenn wir Fleisch essen. Aber auch Wasser, Energie, Futter, Arbeitskraft – Ressourcen, die nicht eingepreist werden. Dazu verursacht Fleischproduktion immense Umweltschäden, in Deutschland und weltweit. So ist die Nitratbelastung deutscher Böden so hoch, dass durch die Europäische Union eine Geldstrafe droht. Diese Belastung, die das Grundwasser verseucht, tritt vor allem auf, wo viele Tiere gemeinsam gehalten werden – und dementsprechend viel Gülle anfällt. Unter Massentierhaltung leiden also nicht nur die Tiere, sondern auch die Umwelt. Neben der Verschmutzung von Boden und Wasser verursacht die Fleischproduktion die Hälte aller Treibhausgase der gesamten Nahrungsmittelindustrie,

Da Fleisch auch aufgrund massiver Subventionen günstig gehandelt wird und der weltweite Appetit darauf wächst, werden immer mehr landwirtschaftliche Flächen für die Viehwirtschaft benötigt. Gleichzeitig werden auf immer mehr Ackerflächen Futtermittel wie Soja oder Mais angebaut. Bereits jetzt landen über ein Drittel der jährlich geernteten Feldfrüchte in den Mägen der Tiere. Und das, obwohl weltweit 900 Millionen Menschen hungern. Und auch die Umwelt leidet unter diesen riesigen Monokulturen. Für die in Brasilien beispielsweise der Regenwald gerodet wird. Dieser Verlust natürlicher Rückzugsräume wilder Tiere führt nicht nur zu einem Rückgang von Biodiversität. Sondern auch dazu, dass Krankheiten auf Nutztiere überspringen können. Was in der Biologie Zoonose heißt, ist wahrscheinlich der Urheber der Coronapandemie.

Fleisch für den Müll produziert

Einen anderen Umgang entwicklen

Und nicht nur Umweltschäden gehen auf das Konto der Fleischproduktion. Zuletzt waren die Bedingungen, unter denen die Arbeiter:innen in den Fleischfabriken arbeiten müssen, viel in der Kritik. Und das zu Recht. Es sind zumeist Menschen aus Osteuropa, die hier ausgebeutet werden ohne Arbeitnehmerrechte oder ein faires Gehalt. Und das alles nur, damit wir unser billiges Hackfleisch auf dem Teller haben. Billiges Fleisch ist doppelt bezahlt. Nicht nur, weil wahre Kosten nicht eingepreist sind, sondern auch, weil wir es weniger schätzen. So landen auch in Deutschland jedes Jahr über 8 Millionen Hühner als Fleischabfälle in der Tonne. Nicht in der Gastronomie oder der Verarbeitung. Nein, bei uns zu Hause. Mit anderen Fleischsorten sieht es kaum anders aus. Am Ende der Kette also, nachdem Mensch, Tier und Umwelt massiv ausgebeutet wurden, fliegt das Fleisch in den Müll.

Dabei kann man von so eiem Huhn fast alles essen. Was bis in die 1950er auch gemacht wurde. Danach haben sich die Ess- und Sehgewohnheiten verändert. Der Supermarkt schweißt Fleisch in Plaste ein und lässt kaum erahnen, dass dafür ein Tier gestorben ist. Und das ist ein Grundproblem. Denn wir brauchen einen neuen Bezug zum Fleisch. Müssen es wieder schätzen lernen. Und es als das besondere Lebensmittel sehen, dass es ist. Und nicht zuletzt müssen wir weniger Fleisch essen. Wenn wir wollen, dass unsere Umwelt weiterhin für alle Menschen lebenswert ist.

Spekulation

In einer begrenzten Welt kann es kein unbegrenztes Wachstum geben. Da schnell erkaufter, wirtschaftlicher Erfolg immer einen Preis hat – der meistens unmittelbar mit der Ausbeutung von Menschen oder Umwelt verbunden ist. Denn der Drang nach Wachstum führt dazu, dass immer neue Märkte erschlossen werden müssen. Und dass Dinge, die vorher nicht Teil des Finanzmarktes waren, zu Gütern werden, mit denen gehandelt wird. Diese Ausdehnung des Marktes können wir uns durchaus bildlich vorstellen. So verlieren wir jede Minute eine Fläche Regenwald, die der Größe von 30 Fußballfeldern entspricht. Diese Flächen werden zu 80% für den Anbau von eiweißreichem Viehfutter gerodet. Und immer öfter muss nicht nur der Wald weichen, sondern werden auch die Lebensmittel selbst zum Spekulationsobjekt.

Wetter auf Lebensmittelpreise – das Bild stammt ist vom Oxfam Bericht zur Nahrungsmittelspekulation

Mit Hunger Geld verdienen

Doch was heißt das eigentlich, Spekulation? An der Börse wird klassischerweise auf Aktien spekuliert. Das heißt nichts anderes, als auf deren Wert gewettet. Und mit der Nachfrage steigen die Preise. Neu ist nun, dass seit einigen Jahren Agrarrohstoffe zunehmend Spekulationsobjekt sind. Das heißt, dass nun auch Reis, Mais oder Weizen den Wetten gewinnorientierter Händler ausgesetzt sind. Neben der Tatsache, dass Nahrungsmittel sichere Anlagen sind, da mehr Menschen mehr essen müssen, treiben auch Biokraftstoffe die Preise hoch. Denn auf immer mehr Flächen weltweit werden Mais, Raps oder Soja nicht zum Verzehr, sondern zur Energie- oder Kraftstoffgewinnung angebaut. Die entsprechenden Lebensmittel fehlen dann auf den Weltagrarmärkten, was die Preise nur noch weiter hochtreibt. Die Anleger, die ihr Geld in Rohstoffe investiert haben, machen bei steigenden Preisen hohe Gewinne. Verlierer sind vor allem Menschen im globalen Süden, die sich Nahrung dann nicht mehr leisten können.

So verschärft die Spekulation auf Lebensmittel die weltweite Ernährungskrise noch. Beispielsweise trieben laut Oxfam Finanzspekulanten in den Jahren 2007/2008 die weltweiten Getreidepreise in die Höhe. In Äthiopien stiegen so die Maispreise um 100 Prozent, die Weizenpreise in Somalia um 300 Prozent. Diese rasant steigenden Preise für Lebensmittel führten zu Hungerprotesten in 61 Ländern und destabilisierten ganze Regionen. Gleichzeitig wachsen europäische Lebensmittelexporte vor allem im globalen Süden. Die EU subventioerniert diese Exporte mit viel Geld. Doch was für europäische Bauern ein zusätzliches Einkommen bedeutet, hat für die Kleinbauern in den Entwicklungsländern fatale Folgen. Denn hoch subventionierte Produkte wie etwa billiges Schweinefleisch machen den afrikanischen Bauern die Preise kaputt. Das hat zur Folge, dass sich für sie mit der Landwirtschaft kein Geld mehr verdienen lässt.

Entwicklung dr Nahrungsmittelpreise von 1990 bis 2013

Regulierung als Mittel gegen Spekulation

Seit 2014 gibt es mittlerweile zwar EU-weite Richtlinien zur Spekulation mit Lebensmitteln, deren Umsetzung lässt allerdings bisher auf sich warten. Ein wichtiges Instrument hier wäre, mehr Transparenz auf den Finanzmärkten zu schaffen und diese Geschäfte so zu regulieren. Zusätzlich könnten Höchstmengen, mit denen gehandelt werden darf, benannt werden. Auch ist die Einführung einer entsprechenden Steuer vorstellbar. Nur an der Umsetzung scheitert es bisher. Wichtig ist, dass Hunger ein Problem bleibt, das viele Ursachen hat und nicht allein auf Nahrungsmittelspekulation beruht. Hier sind die steigenden Preise auf Rohstoffe nur ein Aspekt neben dem Zugang zu Ressourcen, unfairem Welthandel und der Benachteiligung von kleinbäuerlichen Strukturen. Nichtsdestostrotz ist die Begrenzung von Spekulation mit Nahrungsmitteln eine wichtige Maßnahme von vielen, die notwendig sind, um eine faire, gerechte Welt zu gestalten.

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Ganzheitlichkeit

Wie wir wissen, verschlingt die Herstellung jedweden Produkts – auch von Lebensmitteln – ein Menge an Ressourcen. Umso schlimmer, wenn die am Ende einfach in der Tonne landen. Dabei muss es gar nicht so sein. Denn in vielen Bereichen ist es möglich, das Problem ganzheitlich anzugehen und den Kreislauf der Verschwendung zu schließen. Dafür steht die sogenannte „Zero Waste“ – wörtlich Null Müll – Bewegung. Ihre Anhänger:innen versuchen, Müll, so weit es geht, zu vermeiden und setzen auf Unverpacktes, Wiederverwertbares und Recyceltes. Und das ist auch dringend notwendig. Denn allein 2019 hat jede:r Deutsche pro Tag ein Kilo Müll entsorgt. Das ist nicht nur unglaublich viel, sondern in Zeiten zunehmender Ressourcenknappheit auch ein ernsthaftes Problem.

400 kg Müll fallen pro Kopf und Jahr in Deutschland an

Zero Waste Küche

Auch in der Küche spielt Zero Waste eine zentrale Rolle. Denn zum einen landen allein in Deutschland jedes Jahr 313 Kilogramm Lebensmittel pro Sekunde im Müll. Und zum anderen ist, was wir in die Tonne werfen, zum Teil vermeidbar. Das liegt etwa daran, dass wir nicht wissen, was alles an einer Pflanze essbar ist. Oder auch das Mindesthalbarkeitsdatum nicht richtig verstehen. Als Vorreiterin der Zero Waste Bewegung in der Küche gilt die Köchin Sophia Hoffmann. Sie geht das Problem der Lebensmittelverschwendung an und vermittelt zum tieferen Verständnis der Problematik neben einer theoretischen Einführung vor allem super nützliche, tolle Hinweise und Rezepte zur ganzheitlichen Verwertung von Lebensmitteln.

Ganzheitlichkeit in der Verwertung

Denn oft landet im Müll, was eigentlich noch essbar ist. Und zwar, weil wir zum Teil gar nicht wissen, wie gut noch schmeckt, was wir als Abfall betrachten. So sind das Grün der Möhren oder auch Bananenschalen essbar und müssen nicht weggeworfen werden. Wer jetzt vielleicht denkt, dass es übertrieben ist, unbedingt alle Teile der Pflanze oder Frucht essen zu wollen, sollte sich noch einmal vor Augen führen, wieviele Ressourcen in einzelnen Lebensmitteln stecken. Und diese fallen an bei der Aufzucht der ganzen Pflanze und nicht nur bei dem, was wir eventuell essen. Das heißt, ALLES, was zusätzlich verwertet wird und nicht als Müll anfällt, ist ein Erfolg und trägt zur Schonung von Ressourcen und somit zum Kampf gegen Hunger und Umweltzerstörung bei.

Neben Zero Waste spricht man besonders in der Küche von der ganzheitlichen Verwertung von Lebensmitteln. Das bedeutet, vor allem in der Fleischproduktion, alle Teile eines Tiers zu verwenden. Was eigentlich selbstverständlich klingt, ist leider mittlerweile nicht mehr Standard. Aufgrund veränderter Konsumgewohnheiten der letzten Jahrzehnte ist in Deutschland die Ganzheitlichkeit in der Verwertung immer mehr zurückgegangen. So landet nur noch die Hälfte eines zur Schlachtung vorgesehenen Tieres als Fleisch und Wurst bei den Konsument:innen. In Deutschland sind das vor allem Koteletts, Steaks, Schenkel, Flügel und Wurstwaren. Noch bis in die 1960er Jahre war das anders. Mit Rezepten zur Verarbeitung von Blut, Organen oder Schwänzen wurden Tiere noch vollständig verwertet.

Anteil der zu Hause vergeudeten tierischen Lebensmittel, Quelle: Heinrich Böll Stiftung

Nose to tail/ Leaf to root

Als die Einkommen stiegen und der Fleischpreis fiel, wurden diese Teile vom Tier zu „Arme-Leute-Essen“. Zugleich verdrängten die Frischfleischtheken der Supermärkte die Metzgereien, die eben alles verwerteten. Nicht selten ekeln sich heute Menschen vor sogenannten Nebenprodukten der Schlachterei. Während wir in Deutschland nur die hochwertig erscheinenden Fleischteile verwerten – die sprichwörtlichen Filetstücke – wird der Rest exportiert, an Haustiere verfüttert oder als „Biokraftstoff“ in den Tank gefüllt. Und landet manchmal auch im Müll. Und ja, indem diese tierischen Nebenprodukte Verwendung als Treibstoff oder Brennmaterial finden, werden sie zwar nicht direkt verschwendet. Allerdings hat dieses Vorgehen nichts mit der Wertschätzung von Lebensmitteln zu tun.

Um ein deutliches Zeichen gegen diese Entwicklung zu setzen, verfolgen viele Köch:innen schon lange den Nose to Tail-Ansatz, das heißt, dass von der Nase bis zur Schwanzspitze eines Tiers alles verwendet werden muss. Seit ein paar Jahren gibt es ein entsprechendes Äquivalent in der pflanzlichen Küche, wo vom Blatt bis zur Wurzel (Leaf to Root) nichts verschwendet werden darf. Dabei wollen beide Ansätze nicht nur keinen Müll erzeugen, sondern auch vermitteln, wie viel Geschmack in den vermeintlichen Abfallprodukten, die wir aus Gewohnheit nicht mehr essen, steckt. Denn nur so schonen wir wirklich Ressoucen und bringen unserem Essen den Respekt entgegen, den es verdient. Und auch wir von „Zur Tonne“ schätzen die ganzheitliche Verwertung und versuchen, wirklich alles zu verwenden. Also lasst doch das nächste Mal das Möhrengrün oder die Rote Beete-Blätter dran und kostet davon. Das verursacht nicht nur keinen Müll – sondern schmeckt auch noch toll.

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„Tonnja“ bei der Woche des guten Lebens – 2. bis 9./5./2021

Nachdem die lange geplante Woche des guten Lebens letztes Jahr bedingt durch die Corona Krise abgesagt werden musste, findet das Verkehrsexperiment dieses Jahr statt. Wir unterstützen das Zukunftsstadtprojekt und freuen uns auf eine verkehrsfreie Woche in der Dresdner Neustadt. Denn das Team der WdgL träumt nach Vorbild Barcelonas, Hamburgs oder vieler weiterer Kommunen von Innenstadtbereichen, in denen nicht Autos, sondern Bewohner:innen die Straßen und Plätze besetzen.

Keine Autos in den Straßen

Die Straßen den Bewohnern

Im Mai 2021 wird die Äußere Neustadt ein Ort des gemeinschaftlichen Miteinanders – und des nachhaltigen Lebens. Dann prägen Menschen und nicht Autos das Stadtbild, das Leben findet zunehmend auf der Straße statt. Auf dem Martin-Luther-Platz und der Louisenstraße erproben Kinder ungestört ihre Skateboards, während Erwachsene sich beim Tischtennis oder Basteln an ihren Fahrrädern begegnen. Wo früher Autos parkten, befinden sich jetzt Gemeinschaftsbeete, Schachtische oder ein Büchertauschregal.

Jemand verkauft Kaffee vom Lastenrad aus. Rollstuhlfahrer*innen und Eltern mit Kinderwagen haben ausreichend Platz. Menschen begegnen sich vor den Geschäften, bleiben stehen und kommen ins Gespräch. Überall ist etwas los. Mobile Hochbeete und Sitzmöglichkeiten sind überall im Viertel zu finden – ebenso wie zahlreiche Angebote nachhaltiger und platzsparender Mobilität wie Lastenräder und Leihfahrräder. Und die Neustädter*innen wünschen sich ein solches Stadtviertel bald nicht mehr nur für eine Woche. So die Vision des Teams der Woche des guten Lebens. Dabei ist das Projekt, an dem wir mit unserer mobilen Küche „Tonnja“ schon im letzten Jahr hätten teilnehmen sollen, heiß diskutiert worden. Sicher, ein solches Experiment kann einschüchtern und Fragen aufwerfen. Wohin mit den Autos, was ist mit Lieferverkehr oder Taxis? Vielleicht ist 2021, ein Jahr inmitten der Corona-Krise, der richtige Zeitpunkt um anzugehen, was längst überfällig ist. Vielleicht bedarf es gerade jetzt ein paar mutiger, neuer Ideen und endlich einer Vorstellung von der Zukunft. Wir freuen uns jedenfalls darauf. Besucht uns mit unserer mobilen Küche. Wo wir genau sein werden, geben wir unmittelbar davor Bescheid.