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True Cost. Wahre Kosten.

Warum eine Ernährungswende nicht allein über den Preis gestaltet werden kann.

5,09 Euro. So teuer wären 250 Gramm Hackfleisch, wenn alle Kosten, die bei der Herstellung anfallen, mit eingepreist würden. Schäden verursacht durch Überdüngung, anfallende Treibhausgase oder Artenverlust. 5,09 Euro. Fast soviel, wie für die tägliche Ernährung eines Hartz IV-Empfängers in Deutschland vorgesehen ist. Sich davon gut und ausgewogen zu ernähren, ist kaum möglich.

Wahre Kosten – ausgezeichnet bei Penny in Berlin / Foto von Rolf Vennenbernd

Wir sind ein reiches Land. Stehen an fünfter Stelle weltweit. Trotzdem geben wir im internationalen Vergleich durchgängig wenig Geld für unsere Ernährung aus. Auch wenn verschiedene Lebensmittelskandale die Öffentlichkeit erschüttern: Weiterhin sind nur zehn Prozent der verkauften Lebensmittel in Deutschland biologischer Herkunft. Mehr bezahlen wollen Viele dann doch nicht. Oder können es schlicht nicht. Anfang September hat der Discounter Penny dann begonnen, in einem Markt in Berlin die so genannten „wahren Kosten“ einiger Produkte symbolisch auszupreisen. Ein konventionell produziertes Stück Fleisch ist so billig, da entstandene ökologische und soziale Schäden nicht mit eingepreist und berechnet werden. Selbst biologisch hergestellte Lebensmittel decken nicht alle verborgenen Kosten ab. Auch hier werden Umweltschäden oder CO2-Ausstoß nicht mit einberechnet. Dementsprechend hoch sind die „wahren Kosten“ für die Produkte, die wir im Supermarkt kaufen. Und die zahlen die Verbraucher dann doppelt.

Höhere Preise sind ein unzureichender Hebel

Gleichzeitig sind symbolisch höhere Preise unzureichend, um eine tatsächliche Ernährungswende zu gestalten. Denn wir sind ein Land, in dem der Wohlstand ungerecht verteilt ist. Ein Fünftel des Nettogesamtvermögens sind im Besitz von 0,1 % der Bevölkerung. Dafür leben 16 % der Deutschen unterhalb der Armutsgrenze und ein Viertel arbeitet im Niedriglohnbereich – vor allem in Ostdeutschland. Diese Menschen sind auf die günstigen Preis angewiesen. Gleichzeitig schränkt Armut die Lebenmittelauswahl stark ein: 5,02 Euro täglich sind für die Ernährung der 3,8 Millionen Menschen, die Arbeitslosengeld II empfangen, vorgesehen. Wie eine solche Diät aussieht, wird aktuell in der Austellung „Future Foods“ des Deutsches Hygiene-Museum gezeigt.

Ausstellungsdisplay zu „Ernährung mit Hartz IV“ in der aktuellen Ausstellung Future Foods im Hygienemuseum Dresden. / Foto von Maria Funke

Arme Menschen werden nicht versorgt

Wir sind ein armes Land. Arm, weil wir unserer Verpflichtung nicht nachkommen. So hat eine aktuelle Studie von Der Paritätische Wohlfahrtsverband – Gesamtverband ergeben, dass Menschen, die Hartz IV beziehen, nachweislich zu wenig Geld haben, um sich eine gesunde Ernährung leisten zu können. Viele müssen zusätzlich das Angebot der Tafel Deutschland e.V. nutzen, die 1,6 Millionen Menschen bundesweit versorgen. Dass die Tafeln dabei die mangelnde staatliche Versorgung dieser Menschen kompensieren, ist eine Schande für ein reiches Land wie Deutschland. Eine Katastrophe war es dementsprechend, dass zu Beginn der Corona-Krise rund die Hälfte der 949 Tafeln schliessen musste. Anders als die TAFEL Dresden, die durchgehend geöffnet blieb und weiterhin jede Woche rund 4000 Menschen versorgt.

Es gibt nur ganzheitliche Lösungen

Das heißt nicht, dass wir nicht handeln müssen. Eine Ernährungswende ist notwendig und ein transparentes Preissystem überfällig. Und das geht aber nur mit einer ehrlichen Debatte – auch darüber, wie hoch Löhne und staatliche Sicherung sein müssen, um ein gutes Leben zu führen. Ernährungssicherheit darf keine Frage der Brieftasche sein. Denn das ist, wovon wir von „Zur Tonne“ träumen: Gutes Essen für Alle. Und mehr Verständnis für Menschen in schwierigen Lebenssituationen.

Zur Tonne on Tour: Radentscheid in Dresden – 19/09/2020

Auf Einladung der Initiative „Verkehrswende Dresden“ sind wir am Samstag mit unserer Küche Tonnja beim Aktionstag zum Radentscheid dabei. Ziel ist es, für Dresden ein Fahrrad – Bürgerbegehren auf die Beine zu stellen. So soll ein neues Mobilitätskonzept erarbeitet werden. Und was in anderen deutschen Großstädten bereits gelang, ist hier längst überfällig. Denn Dresden wies 2017 mit 44,8 Mikrogramm pro Kubikmeter deutschlandweit einen der höchsten Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid auf. Wir gefähren unsere Gesundheit.

Ungenügende Fahrradinfrastruktur

Und selbst, wer beschließt das Fahrrad zu nutzen, ist in der sächsischen Landeshauptstadt damit oft gefährdeter Verkehrteilnehmer. Denn Fahrradwege sind teilweise nicht vorhanden, teilweise in desolatem Zustand. Und obwohl es 2019 weniger Verkehrsunfälle gab, stieg die Anzahl der in einen Unfall verwickelten Fahrradfahrer. Dabei hat der Fahradfahrer zwar in 65 Prozent der Fälle nicht schuld – er ist allerdings immer der verletzlichste Verkehrsteilnehmer. Es braucht in Dresden eben nicht nur mehr Mobilität auf dem Rad – sondern auch sichere Fahrradwege, und eine Infrastruktur, die Fahrräder und Fußgänger nicht länger als „Nichtautos“ abtut – sondern ihnen den Platz einräumt, den sie brauchen um sich sicher und entspannt durch die Stadt zu bewegen. Kommt vorbei, wenn euch das Thema am Herzen liegt – und vielleicht gibt es auch bald einen Radentscheid für Dresden.

Nominierung für den deutschen Nachbarschaftspreis

Wir freuen uns sehr, dabei zu sein.

Verrückt und schön zu sehen, wie Arbeit sich auszahlt. Gerade eben haben wir erfahren, dass „Zur Tonne“ aus über 900 Einreichungen für den Nachbarschaftspreis 2020 nominiert wurde. Der Preis wurde von der Nebenan Stiftung ins Leben gerufen, um nachbarschaftliches Engagement auszuzeichnen. Wir gehören damit zu 107 ausgesuchten Initiativen bundesweit. Die Nominierung freut uns besonders, da wir darin auch sehen, dass wir mit „Zur Tonne“ und dem Engagement dahinter auf dem richtigen Weg sind. Im September wählt eine Expertenjury je einen Gewinner pro Bundesland. Wir freuen uns eigentlich schon, überhaupt dabei zu sein und halten euch auf dem Laufenden! Bis dahin findet ihr uns auch unter https://www.nachbarschaftspreis.de/de/zur-tonne/. Dort könnt ihr euch auch die anderen, inspirierenden Nachbarschaftsprojekte einmal anschauen.

Die Idee dahinter

Stellvertretend für alle engagierten Nachbar:innen zeichnet der Deutsche Nachbarschaftspreis einmal im Jahr Projekte und Initiativen mit Vorbildcharakter aus, die sich vielerorts für ihr lokales Umfeld einsetzen, das Miteinander stärken und das WIR gestalten. Der Preis ist mit insgesamt 58.000 Euro dotiert und wird auf Landes- und Bundesebene vergeben. Mit dem Preis möchte die Stiftung deutschlandweit Nachbar:innen motivieren, sich für ihr Umfeld und ihre Mitmenschen einzusetzen. Dabei dienen die ausgezeichneten Lösungen und Ansätze als Inspiration, aber auch als konkrete Handlungsvorschläge.

Auf Achse: Zur Tonne auf der Tour der Utopien – 05/09/2020

….wird zur Fahrradtour

Seit 2009 lädt das Umundu Festival einmal im Jahr interessierte BürgerInnen, aktive Nachhaltigkeitsakteure, Initiativen und VertreterInnen von Institutionen aus allen gesellschaftlichen Bereichen dazu ein, gemeinsam über Herausforderungen und Potentiale für eine gesellschaftliche Transformation zur Nachhaltigkeit zu diskutieren. Das Projekt möchte wichtige Debatten anstoßen, Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und diese vor Ort nach dem Prinzip »global denken, lokal handeln« praktisch erproben. Im Mittelpunkt steht vor allem die Frage, welche Rolle eine aktive Zivilgesellschaft für einen zukunftsfähigen Wandel spielen sollte.

Aus Markt der Utopien wird Tour der Utopien

Dem Umundu Festival geht jedes Jahr der Markt der Utopien voraus. Hier versammeln sich zahlreiche NGOs und Initiativen, um ihre Arbeit und ihre Projekte vorzustellen und um sich mit den BesucherInnen auszutauschen. Eigentlich findet der Markt jedes Jahr im Riesa Efau statt, aber die coronabedingten Hygienauflagen verlangen eine Entzerrung des Ortes. Daher findet der Markt dieses Jahr als Fahrradtour statt, die wichtige Initiativen in der Stadt ansteuert. Wie bereits im letzten Jahr sind wir mit „Zur Tonne“ ebenfalls dabei. Mit unserer mobilen Küche „Tonnja“ werden wir im Hechtgrün kleine Snacks aus geretteten Lebensmitteln zubereiten. Dabei freuen wir uns auf viele interessante Gespräche. Und wie ihr euch für die Fahrradtour anmelden könnt, erfahrt ihr auf der Homepage des Festivals.

Zur Tonne trifft Cafe Halva – 10/09/2020

Im September gibt es Auflauf

Wie jeden ersten Donnerstag im Monat kocht „Zur Tonne“ zusammen mit dem „Cafe Halva“ im Johannstädter Kulturtreff. Seit 2016 kochen Frauen aus so unterschiedlichen Ländern wie Afghanistan, Tschetschenien, Syrien, Georgien und Algerien herzhafte und süße Köstlichkeiten aus ihren Heimatländern und gestalten damit den interkulturellen Begegnungsort. Dabei versteht sich das „Cafe Halva“ als Ort gelebter Integration, der vor allem durch den Austausch zwischen alten und neuen Bürger*innen der Stadt verwirklicht wird. Da die Mehrzahl der Frauen einen Fluchthintergrund hat und nur wenige einen Schulabschluss, ist für sie der Zugang zum Arbeitsmarkt in Deutschland schwierig. Durch die Arbeit im Cafe und den Zuspruch der Besucher erfahren die Frauen zudem die angebrachte Wertschätzung für ihre Arbeit. Ein Gewinn für alle Seiten.

Reste kreativ verwerten

Im September beschäftigen wir uns mit dem Thema „Auflauf“. Für uns perfekt. Denn es gibt kein festgeschriebenes Auflaufrezept – geschweige denn feste Regeln. Wir nehmen, was da ist und schieben es in den Ofen. Das macht Auflauf zur perfekten Resteverwertung. Dass es noch mehr gibt als klassischen Kartoffel- oder Gemüseauflauf und auch mit einfachen Zutaten besondere Geschmackserlebnisse kreiert werden können, zeigen wir an diesem Nachmittag. Kommt vorbei, wenn ihr jetzt neugierig geworden seid. Wir freuen uns auf euch.

Sozialbus meets „Zur Tonne“ & Banda Communale – 10/09/2020

Nach langer Zeit haben wir mit „Zur Tonne“ im September endlich wieder die Möglichkeit, für den Sozialbus zu kochen . Was wir früher regelmäßiger gemacht haben, war in der letzten Zeit oft schwer mit unseren Terminen zu vereinbaren. Umso mehr freuen wir uns, dass es im September wieder einmal klappt und wir dieses wirklich tolle Projekt unterstützen können.

Eine Stütze

Der Bus ist ein Projekt der Dresdner Treberhilfe, die sich vor allem um junge Menschen in schwierigen Lebenslagen bemüht. Neben einem Kontakttreff, wo Hilfe und Beratung angeboten werden sowie einer „Straßenschule“, in der Jugendliche Schulabrecher ihren Abschluss als externe nachholen können, gibt eben den Sozialbus. Er ist quasi eine mobile Anlaufstelle, die sich vor allem an jene Menschen richtet, die von Heimat oder Wohnungslosigkeit bedroht sind. Als mobile Erstversorgungsstelle gibt es hier Suppe, Schlafsäcke, Hygieneartikel und Kleidung. Da die Annahme von Hilfe bei vielen Menschen mit Scham verbunden ist, dient der Bus auch als „Eisbrecher“ – denn es gibt keine Schwelle, die überschritten werden muss. Gut sichtbar steht er einmal in der Woche im Stadtzentrum und ist Anlaufpunkt für Jede:n, der Halt und Unterstützung benötigt.

Musikalische Unterstützung

Mit dabei sind dieses Mal auch die großartigen Banda Communale, ein Dresdner Bandprojekt, das sich für Geflüchtete und eine aktive Willkommenskultur stark macht. Gemeinsam positionieren wir uns am Donnerstag, dem 10. September, gegen jede Ausgrenzung. Ob es sich um Geflüchtete handelt, Vertriebene, Heimat- oder Wohnungslose. Denn jeder Mensch hat ein Recht auf Sicherheit und respektvollen Umgang. Kommt vorbei, tanzt mit uns, esst mit uns!

Zur Tonne in der Presse: Leibniz Magazin

Unterwegs mit Tonnja / Foto von Lena Giovanezzi

Im Juli hat uns die Journalistin Doreen Reinhard einen Tag lang begleitet, um sich ein Bild von unserer Arbeit, der Küche „Tonnja“ und den Menschen hinter unserem Projekt zu machen. Herausgekommen ist ein wunderbarer Artikel im aktuellen Magazin der Leibniz-Gemeinschaft, der nicht nur noch einmal umreisst, worum es uns geht, sondern der auch Mut machen soll. Mut und Lust, Veränderung selber anzustoßen. Denn auch „Zur Tonne“ ist aus einer groben Idee im Rahmen des BürgerInnenbeteiligungsprozesses Zukunftsstadt Dresden entstanden. Genauer, aus dem Wunsch, Menschen zusammen zu bringen und Lebensmittel wieder mehr wertzuschätzen. Daraus ist dieses Projekt geworden, mit dem wir seit fast zwei Jahren in der Stadt unterwegs sind. Wir wissen nicht, wie die Zukunft aussieht, aber wir wollen sie mitgestalten.

Gazpacho und Pestos / Foto von Lena Giovanezzi

Die Zukunft fest im Blick

Die wunderbaren Bilder im Leibniz-Magazin stammen von der Fotografin Lena Giovanazzi, die ebenfalls einen ganzen Tag an unserer Seite war. Zum ersten Mal konnten wir unsere Arbeit auch Außenstehenden einmal näher zeigen. Wir haben uns sehr über diese Möglichkeit gefreut. Hier könnt ihr den wunderbaren Artikel von Doreen Reinhard nachlesen.

Bildungsworkshop: Six days for Future

Gastronomie ist einer der Bereiche, die am stärksten von den Maßnahmen gegen Corona betroffen war. Noch im Mai hatten 58 Prozent der Betriebe in der Gastronomie beschlossen, Angestellte zu entlassen und Arbeitszeiten zu verkürzen. Und auch mit den zunehmenden Lockerungen werden ausgebliebene Einnahmen der letzten Monate kaum wieder aufzuholen sein. Die momentane Unsicherheit der Branche zeigt sich auch in der Problematik, vor der viele Auszubildende jetzt stehen. Da viele Betriebe nicht wissen, wie es weitergehen soll, steht auch die Zukunft der Auszubildenen in Frage. Dass Gastronomie so anfällig für die Verwerfungen ist, die Covid 19 ausgelöst hat, hat auch damit zu tun, wie in der Branche gearbeitet wird. Nämlich aufgrund der geringen Gewinnspannen oft auf Kosten von Mitarbeiter:innen und Umwelt.

Tonnja ist einsatzbereit / Foto von Maria Funke
Bildungsmaterialien zum Stöbern / Foto von Maria Funke

Gastronomie NEU denken

Bereits Anfang des Jahres hatte das Umweltzentrum Dresden mit uns Kontakt aufgenommen. Sie planten für den Sommer 2020 einen Reihe von Workshops, die Jugendlichen bestimmte Berufsfelder näher bringen sollten – unter anderem auch die Gastronomie. Unter dem Motto „Streuobst, Knödel, Vollpension“ sollten die Teilnehmer:innen sechs Tage gemeinsam in der Sächsischen Schweiz unterwegs sein, um lokale Erzeuger zu besuchen, gemeinsam zu kochen und sich auszuprobieren. Alles, um ein ganzheitliches und nachhaltiges Konzept von Gastronomie kennen zu lernen. Der ursprüngliche Plan konnte durch die Corona-Hygiene-Regeln zwar nicht wie gedacht umgesetzt werden – trotzdem fanden einzelne Workshops statt – nun allerdings auf dem Alten Matthäusfriedhof Dresden, der fast märchenhaften Außenstelle des Umweltzzentrums Dresden. So konnte „Zur Tonne“ schließlich doch einen Tag der Workshopwoche mit den Teilnehmer:innen verbringen.

Zusammen verstehen wir die Wertschöpfungskette / Foto von Maria Funke
Wie packe ich meinen Kühlschrank? / Foto von Maria Funke

Was ist eigentlich Verschwendung?

Den Tag haben wir mit einer ganz besonderen Kennenlernrunde begonnen, in der Jede:r etwas in der Umgebung sammeln sollte, das er oder sie mit Essen verbindet. Danach sind wir direkt in die Theorie gestartet und sind der weltweiten Verschwendung von Lebensmitteln entlang der Wertschöpfungskette nachgegangen. Die Teilnehmenden, die alle zwischen 16 und 24 Jahren alt waren, stellten Überlegungen an, wo in der Kette die meisten Lebensmittel verloren gehen und waren dann sehr überrascht zu hören, dass die Privathaushalte hier den größten Anteil haben. Von den schieren Zahlen der Ausmaße der Verschwendung ein wenig überwältigt, sind wir dann ins Handeln gekommen. Gemeinsam haben wir überlegt, was wir aktiv gegen Verschwendung tun können – vor allem zu Hause. Neben dem richtigen Einräumen des Kühlschranks und dem planvollen Einkauf steht hier vor allem das Verkochen von Resten.

gemeinsames Schnippeln / Foto von Maria Funke
Brotbratlinge… / Foto von Maria Funke

Ein Burger zum Selberbauen

Von der Tafel hatten wir drei große Kisten mit Lebensmitteln mitgebracht – wie immer war sehr viel Brot übrig. So dass wir beschlossen, aus Brot und Gemüseresten „Brotletten“ herzustellen – eine Art Bulette aus altem Brot, die auch gut als Burgerbun verwendet werden kann. Um den Hygieneauflagen gerecht zu werden, teilten wir die Teilnehmenden in drei Gruppen, in denen jeweils geschnippelt, geschält und gebraten wurde. Während die eine Gruppe die Brotletten herstellte, kreiierte eine andere Pesto aus Möhrengrün sowie vegane Mayo. Ein Salat rundete das Menü ab. Mittlerweile waren alle so motiviert wie hungrig – und im Handumdrehen waren alle Lebensmittel verarbeitet. Jede:r konnte sich einen eigenen Burger individuell zusammenstellen. Beim gemeinsamen Essen tauschten wir weitere Rezepte und Ideen aus. Wir freuen uns auf eine weitere Zusammenarbeit mit dem Umweltzentrum. Danke für eurer Vertrauen! Bis zum nächsten Mal!

und frische Tomaten und Gurken dazu /Foto von Maria Funke
Und fertig ist der Burger!! / Foto von Maria Funke

Ferienworkshop: Kochen mit Kindern & Jugendlichen

Obwohl die Restaurantabende einen großen Teil unserer Arbeit bei „Zur Tonne“ einnehmen – und nach wie vor wahnsinnig viel Spaß machen – ist uns unser Bildungsprogramm nicht weniger wichtig. Von Anfang an wussten wir, dass wir vor allem auf Bildung setzen wollten. Denn für uns sie der Schlüssel zur Veränderung und zum aktiven Gestalten der Zukunft. Daher haben wir verschiedene Workshopformate entwickelt, die wir den Anlässen entsprechend anpassen. Manchmal steht das Kochen im Mittelpunkt und manchmal eher die Theorie bei globalen Zusammenhängen.

Heutiges Menü / Foto von Rosa Nguyen
Vor dem Essen steht das gemeinsame Schnippeln / Foto von Rosa Nguyen

Bildung für nachhaltige Entwicklung

Mit unseren Workshops haben wir uns ganz dem Prinzip der BNE verschrieben. Diese drei Buchstaben stehen für „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Sie soll Menschen zu einem zukunftsfähigem Denken befähigen und es ihnen ermöglichen, die Auswirkungen des eigenen Handelns auf die Welt zu verstehen. Und für uns stellt Kochen vor allem die ideale Plattform dar, um ins Handeln zu kommen. Wir sind keine Köchinnen, wir haben Gastronomie nicht gelernt. Aber wir wollen etwas bewirken. Und das ist, was wir in unseren Workshops vermitteln wollen: Unser Handeln macht einen Unterschied. Wir müssen uns nur trauen.

Ein Nachmittag in Dresden Plauen

Daher haben wir uns sehr gefreut, am 23. Juli gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen im Plauener Bahnhof Dresden zu kochen. Hierhin eingeladen hatte uns das Zukunftsstadtprojekt „Essbarer Stadtteil Plauen“, die einen Spaziergang mit den Teilnehmenden durch das Viertel arrangierten – immer auf der Suche nach essbarem Stadtgrün. Danach sind wir im Jugendzentrum Plauener Bahnhof zusammengekommen, um Lebensmittel von der Tafel, aber auch Gesammeltes, zu etwas Leckerem zu verarbeiten.

An verschiedenen Stationen wird vorbereitet… / Foto von Rosa Nguyen
….geschnippelt, geschält und gedreht. / Foto von Rosa Nguyen

Sommerliches drei Gänge Menü

Da die Gruppe aus Kindern und Jugendlichen zwischen 9 und 18 Jahren bestand, beschlossen wir, den Theorieteil nicht zu umfangreich zu gestalten. In einem Kreis sitzend haben wir über die Ursachen der Verschwendung gesprochen – wobei uns die Kinder mit ihrem Wissen mehrmals überraschten. Alle waren interessiert und voller Tatendrang, vor allem als wir dann zum kochen kamen. Es sollte ein sommerliches Drei-Gänge-Menü geben, aus Salat, Ofengemüse mit verschiedenen Dips und selbstgemachtem Bananeis. Schnell waren drei Arbeitsstationen gebildet und es wurde geschnippelt, geschält und gehobelt. Vor allem die Jüngsten hatten großen Spaß, selbst Hand anlegen zu dürfen, und waren eifrig bei der Sache.

Ein Traum aus dem Ofen / Foto von Rosa Nguyen
Jeder tut sich selbst auf / Foto von Rosa Nguyen

Den Nachmittag rundete ein gemeinsames Essen ab. Unsere Gespräche drehten sich um das Essen und wieviel wir eigentlich selber machen können – ohne großen Aufwand. Das erleben wir oft. Viele Menschen haben Respekt vor dem Kochen. Auch, weil scheinbar perfekte Fernsehgerichte und Kochshows, in denen unzählige Zutaten Verwendung finden, die Zuschauer oft überfordern. Sich einfach zu trauen, fällt vielen schwer. Die Arbeit mit Kindern ist daher etwas, das besonders großen Spaß macht, da sie sich solche Gedanken nicht machen. Dafür wird den Kindern zu unrecht oft zu wenig zugetraut. Und genau hier möchten wir ansetzen und vermitteln, dass Kinder natürlich Verantwortung tragen können. Für sich selbst und ihr Handeln. Wir hatten einen wunderschönen Tag in Dresden Plauen und freuen uns schon darauf, das nächste Mal wieder gemeinsam den Kochlöffel zu schwingen.

„Zur Tonne“ als Mentor: Radebeul isst

Küchenteam, mit Patrick von der Stadt Radebeul, Änni von der Tafel Radebeul e.V. und „Zur Tonne“. / Foto Stadt Radebeul

Dass die Verschwendung von Lebensmittteln längst kein Nischenthema mehr ist, sondern viele Menschen umtreibt, wurde uns wieder einmal bewusst, als wir mit „Zur Tonne“ einer Einladung der Stadt Radebeul folgten, um dort einen unserer offenen Abende zu veranstalten. Bereits letztes Jahr hatten verschiedene Akteure der Stadt Radebeul Kontakt mit uns aufgenommen. Denn das Sozialamt, die lokale Volkshochschule, das Familienzentrum und Weitere hatten gemeinsam die Idee, in Radebeul ein eigenes Projekt zur Lebensmittelrettung auf die Beine zu stellen.

Radebeul, Stadt mit vielen Gesichtern

Überregional ist Radebeul unter anderem dafür bekannt, dass hier die Millionärsdichte in Deutschland angeblich am Höchsten ist. Entlang der alten Postchaussee zwischen Dresden und Meißen gelegen, bezeichnete König Johann die Stadt 1860 als „sächsisches Nizza“. Und obwohl es keine Riviera gibt, bestimmen Villen und Weinberge das Stadtpanorama. Gleichzeitig gibt es auch hier eine Tafel, die bisher wöchentlich rund 70 Menschen versorgt hat. Und wie in Dresden ist auch in Radebeul die Zahl der Tafelkund:innen durch Corona angestiegen. In einer wohlhabenden Stadt zu leben, bedeutet eben nicht zwangsläufig, dass es hier keine Armut oder Bedürftigkeit gibt.

Tische und Stühle vor dem Kulturbahnhof / Foto Stadt Radebeul

Wir stehen vor den gleichen Problemen

Oder keine Verschwendungt. Denn wie in Dresden bleiben auch bei der Tafel Radebeul regelmäßig Lebensmittel nach der Ausgabe übrig. Und auch in Radebeul haben die Initiator:innen beobachtet, dass durch die Spaltung der Gesellschaft die Menschen weniger zusamenn kommen. Daher kam der Wunsch, ein gemeinsames, öffentliches Essen zu veranstalten. Und da wir mit „Zur Tonne“ bereits seit zwei Jahren unterwegs sind, wurden wir sozusagen als „Mentoreninnen“ für das zukünftige Projekt eingeladen. Denn schließlich stehen wir alle vor ähnlichen Problemen. Und warum sollten Andere nicht von unseren Erfahrungen profitieren können?

Vor dem Regen

Ein erster Abend von Vielen

Nach einem halben Jahr Planung und Vorbereitung war es dann soweit: Am Donnerstag, den 16. Juli 2019, fand unser Premierenabend unter dem Motto „Radebeul isst“ statt. Vor dem Kulturbahnhof Radebeul waren Tische für kleinere Gruppen aufgebaut worden. Aufgrund der Coronaauflagen hatten wir uns gegen eine lange Tafel entschieden. Nachdem die ersten Hungrigen Platz genommen hatten, fing es rechtzeitig zum ersten Gang, einem Blumenkohlsüppchen an Brot und Möhrengrünpesto, an zu regnen. Daraufhin mussten 40 Menschen schnell in den Kulturbahnhof umziehen, der bereits im Vorfeld als Schlecht-Wetter-Variante ausgewählt worden war. Zum Hauptgang, einer gefüllten Parika Schote an Kartoffelsaalt und Pilzrahmsauce, fand auch der Bürgermeister der Stadt Platz im ehemaligen Bahnhof. Den Abschluss des Abends bildeten ein „Kirschmalheur“ und viele gute Gespräche.

„Malheur“ aus Kirschen, Pflaumen, Aprikosen und lockerem Kuchenteig / Foto Stadt Radebeul

Save the date

Dieser erste Abend stellt allerdings nicht das Ende unserer Zusammenarbeit dar. Denn bereits im November wagen wir eine Neuauflage. Alle Initiator:innen von „Radebeul isst“ wünschen sich eine Verstetigung des Projektes. Allerdings sollen in Zukunft Verantwortliche und interessierte Personen in der Stadt die Leitung dieser Abende in die Hand nehmen. Zu sehen, dass unsere Idee auch in Radebeul Menschen zum Handeln bringt, freut uns sehr. Und gleichzeitig wissen wir, dass es unserer Unterstützung dann nicht mehr bedarf. So wird der Termin im November der letzte gemeinsame sein. Und nächstes Jahr sind wir zu Gast, wenn es heißt: Radebeul isst.